Wien unterirdisch – Wien überirdisch – Wien!

Vier Tage Archäologie und Geschichte in Wien

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"Wer das Römermuseum besucht, befindet sich in jenem Bereich der Innenstadt, in dem sich vor fast 2000 Jahren das Legionslager Vindobona befand..." so lautet die Einleitung eines kleinen Büchleins über Vindobona, das römische Wien.

Natürlich haben wir Vindobona gesucht und im Römermuseum der Stadt Wien dann schließlich auch gefunden, doch schon bald nach dem Einchecken im Hotel Lucia in der Hütteldorfer Straße, gleich beim ersten Punkt unseres Exkursionsprogrammes also, wird klar, wer mit der Gesellschaft für Archäologie verreist, dem wird Besonderes geboten. Eine Führung im Stephansdom, einem der berühmten Wahrzeichen Wiens, mag ein durchaus üblicher Programmpunkt für den Normaltouristen sein, eine Führung ins Dach ist da sicher schon etwas anderes. Der historische Dachstuhl mit 35 m Spannweite, in dem ursprünglich 1200 to Holz verbaut waren, fiel 1945 einem Brand zum Opfer. Er wurde bald nach Kriegsende als moderne Holz-/ Stahlkonstruktion in seinen beeindruckenden Dimensionen wieder aufgebaut.

Wirklich schwindelerregend jedoch ist der anschließende nächtliche Spaziergang in der "Dachrinne" außen auf dem Dach, ganz nahe am kaiserlichen Doppeladler aus bunten Biberschwanzdachziegeln vorbei und mit zahlreichen Durchblicken auf gotische Wimperge, Krabben und Kreuzblumen und die wasserspeienden Köpfe von steinernen Ungeheuern! .

Unser erster Exkursionstag wird beendet mit einem gemütlichen Beisammensein im barocken Steindl-Zimmer der "Goesser Bierklinik", der ältesten noch in Betrieb befindlichen Gaststätte Wiens. Dieses Haus findet erstmals 1406 urkundliche Erwähnung. Der Name "Zum güldenen Drachen" stammt aus dem 16. Jahrhundert. Seit 1683 wird das Haus auch "Zum Steindl" genannt. Johann Steindl war Spitaldirektor und hatte sich bei der Verteidigung der Stadt Wien während der zweiten Belagerung durch die Türken so tapfer geschlagen, dass ihm das Haus als Belohnung zum Geschenk gemacht wurde. Er eröffnete darin ein Gasthaus, das seit damals ohne Unterbrechung bis heute weitergeführt wurde. .

Am nächsten Tag besuchen wir das Naturhistorische Museum mit den beeindruckenden Museumsälen und Schauräumen aus dem 19. Jahrhundert. Es wurde nach Entwürfen von Gottfried Semper und Karl Freiherr von Hasenauer errichtet, um die riesigen Naturaliensammlungen der Habsburger unterzubringen und am 10. August 1889 von Kaiser Franz Joseph I. feierlich eröffnet.

Wir konzentrieren uns hier auf die archäologische Abteilung und ihre berühmten Schätze, wie die Venus von Willendorf (ca. 20.000 Jahre alt) oder ihre "ältere Schwester", die liebevoll Fanny genannt wird, vom Galgenberg bei Stratzing in Niederösterreich stammt und ca. 32.000 Jahre alt ist. Anschließend dürfen wir sogar noch die Restaurierungswerkstätten besichtigen und im archäologischen Depot im Keller, im "Tiefspeicher", in Kästen und Schubladen spitzeln! .

Beim Besuch der Stadtarchäologie am Nachmittag erlauben uns drei engagierte Vorträge Einblicke in die Arbeitsweise und einige aktuelle Projekte der Wiener ArchäologInnen. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der poltischen Gremien ist ein wichtiges Anliegen und ein offensichtlich erfolgreiches Konzept. Sogar am Abend nehmen sich die Leiterin und Mitarbeiter der Stadtarchäologie dann noch Zeit und kehren mit uns in einem kleinen typischen Lokal nahe des Wiener Rathauses ein. Der große Platz vor dem Rathaus ist weihnachtlich beleuchtet und die Buden zur Eröffnung des Christkindlmarktes vorbereitet, was ganz unpassend wirkt, weil uns der November in diesen Tagen mit außergewöhnlich hohen, eher frühlingshaften Temperaturen um 20° C "verwöhnt".

Ins unterirdische Wien tauchen wir endlich am dritten Tag im Römermuseum am hohen Markt ab - genau an der Stelle wo im römischen Lager Vindobona die fast palastartigen Häuser der Tribunen standen, von denen einige Reste hier noch erhalten und zu besichtigen sind. Die Ausstellung in diesem ganz modernen und exquisit gestalteten kleinen Museum beantwortet fast alle Fragen zum römischen Wien, seiner Militärstadt, der Lagervorstadt, der Zivilsiedlung und dem Leben der Menschen in dieser Zeit. Die Römer waren rund 350 Jahre im Wiener Raum. Das Lager entstand 97 n. Chr. zur Grenzsicherung der Provinz Pannonien und war eins von 30 Legionslagern im Imperium Romanum. Noch heute kann man an den Straßenzügen des 1. Bezirks (Innere Stadt), den Mauerverlauf und die Straßen des Lagers erkennen, wovon wir uns bei einem geführten Spaziergang durch die Stadt überzeugen können.

Die erste urkundliche Erwähnung Wiens im Mittelalter erfolgt im Jahre 881. In den Salzburger Annalen wird apud Weniam eine Schlacht gegen die Ungarn erwähnt. Mit dem Sieg über die Ungarn im Jahr 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld beginnt schließlich auch der Aufstieg Wiens. Bereits im 11. Jahrhundert ist Wien ein wichtiger Handelsort und 1155 macht Heinrich Jasomirgott, dessen Grab wir in der Gruft des Schottenklosters finden, Wien zu seiner Hauptstadt. Nur ein Jahr später wird Österreich zum Herzogtum erhoben und Wien ist damit Residenz des Herzogs.

Die kleine Virgilkapelle unter dem Stephansplatz stammt wohl aus der Zeit um 1240. Vermutlich ist sie von den Babenbergern als Grablege des Hl. Koloman errichtet worden. Von der U-Bahnstation aus kann man einen Blick durch ein großes Fenster hinunter in die Gewölbe des mittelalterlichen Kirchenraumes werfen.

Wie lebensfroh das Mittelalter im Wien des 14. Jahrhunderts sein konnte, davon zeugen die Neidhart-Fresken mit Szenen aus dem Leben und den Dichtungen des Wiener Minnesängers Neidhart von Reuental. Ein Bürgerhaus in den Tuchlauben ist Teil des Wiener Museumskonzeptes WIEN MUSEUM. Wir erfreuen uns an den farbenfrohen Darstellungen eines blühenden Lebens, bevor wir uns mit sach- und ortskundiger Führung in der Gruft unter der Michaelerkirche den mumifizierten Bestattungen des 17. und 18. Jahrhunderts zu- einige der Exkursionsteilnehmer hier aber auch mit Grausen abwenden.

An diesem Abend ist eine Stärkung dringend erforderlich und wir fahren zusammen nach Nußdorf, wo uns im Alten Stüberl im romantisch illuminierten Auerhof von 1642 bereits der kulinarische Höhepunkt dieser Exkursion erwartet: flambiertes Spanferkel und Hausbüffet. Da lassen wir es uns richtig schmecken und bedanken uns ganz herzlich bei den Organisatoren dieser wieder einmal so gelungenen Exkursion, Christiana Eggl M.A. und Prof. Dr. Bernd Päffgen!

Mit dem vierten Tag ist leider auch der Tag der Abreise schon wieder gekommen. Bevor wir uns im Wiener Westbahnhof zur Rückreise im Railjet versammeln, steht jedoch noch einmal Kultur auf dem Programm. Das Kunsthistorische Museum wurde 1891 eröffnet, gehört zu den größten und bedeutendsten Museen der Welt und der Besuch seiner Sammlungen ist einfach ein Muss! Und wir tauchen gerne noch einmal in die überwältigende Fülle der von den Habsburgern zusammengetragenen Schätze aus 7 Jahrtausenden ein.

Archäologie und Geschichte in Wien

Herzlichen Dank für Text und Bilder an Gisela Mahnkopf

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