Rezension: "Vorsicht Ausgrabung"

Hg. vom Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart: 2009.
Broschüre, 48 Seiten.
Preis: 8,- EUR; ermäßigt: 7,- bzw. 5,- EUR bei Abnahme von mehr als 10 Exemplaren
ISBN 978-3-9808-9264-3

Bezug über die Geschäftsstelle der Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern, Berliner Straße 12, 73728 Esslingen
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Vorsicht Ausgrabung Den deutschen Landesarchäologen ist ein kleiner publizistischer und pädagogischer Coup gelungen. Ihre Broschüre "Vorsicht Ausgrabung" stellt Kindern die Arbeit des Archäologen und die Bedeutung der Archäologie vor - verständlich und fachlich exakt, anschaulich und spannend. So gelingt es dem Landesverband überzeugend und wirkungsvoll, die wissenschaftliche Archäologie und ihr kulturpolitisches Anliegen populär zu machen.

Was vermittelt werden soll, ist in eine durchgehende und plausible Handlung gepackt:

Felix (11 Jahre) wird auf eine archäologische Grabung aufmerksam. Der Lehrer fördert sein Interesse, indem er Felix beauftragt, sich weiter mit Archäologie zu befassen und dann die Klasse "einzuweihen". Die Archäologen vor Ort, genauer: zwei Studenten, helfen ihm dabei. Die Grabungsleiterin lenkt das Interesse geschickt von der "richtigen" Grabung weg in Felix' Garten, wo man tatsächlich eine helles Bodenmerkmal findet und gleich die Grabung startet. Der erste Befund ist ein ehemaliger Sandspielkasten, als datierende Funde kommen Münzen und Plastikfiguren aus dem Boden.
Felix geht im Kleinen professionell vor: Ein Profilschnitt wird angelegt, dann dessen Zeichnung auf Millimeterpapier; Planum 1 wird sorgfältig freigelegt und zeichnerisch sauber dokumentiert; die Funde werden geborgen und datiert (terminus post quem und terminus ante quem), wobei Felix den Archäologen durch seine erfolgreiche Internetrecherche zum Herstellungszeitraum der Plastikfiguren überrascht. Die so gelernte archäologische Methodik wendet Felix nun selbst weiter an. Sorgfältig ergräbt und dokumentiert er das Skelett eines Schäferhundes und erfährt dabei von der Archäologin, wie man Knochen bestimmt; schließlich findet er die überreste eines Hühnerstalls und lernt auch, was seine noch so gute Rekonstruktionszeichnung im Vergleich mit der historischen Fotografie nicht zeigen kann, wo also die Grenzen der Archäologie sind.

Die Grabungs-Kampagne des jungen Archäologen ist sprachlich klar und locker, sachlich fundiert und nicht zuletzt spannend erzählt. Die Dialoge sind nicht platt sokratisch-belehrend, sondern wirkliche Gespräche, in denen sich Erkenntnis entfaltet. Fachbegriffe werden unaufdringlich verwendet und ohne erhobenen Zeigefinger durch die Handlung und die Illustrationen verständlich. Die Fotos und Zeichnungen machen die Broschüre zu einem veritablen kleinen Grabungsbericht für junge Leute. Layout und grafische Gestaltung der Broschüre erhöhen die Lesefreude für Kinder noch weiter. Das Bändchen kann ihnen ein Keim sein für künftiges ehrenamtliches oder berufliches Engagement für Archäologie und Denkmalschutz - und hier etwas zu bewirken zu können, ist keine geringe Erfolgsaussicht des Verbands der deutschen Landesarchäologen.

Der Lehrer freut sich über so kompetent und griffig gestaltetes Material: "Vorsicht Ausgrabung" garantiert ertragreiche und mitreißende Stunden im Geschichtsunterricht für die jungen Schülerinnen und Schüler aller Schularten. Und wenn's die Schule nicht macht, empfiehlt sich das Bändchen den Eltern als pädagogisch wertvolles Geschenk für ihre Kinder. Die werden es jedenfalls gerne und mit Gewinn lesen, und es könnte schon sein, dass die Nachwuchs-Archäologen dann auch mal im (Schul-)Garten professionell graben wollen ...


Jürgen Fleckenstein
Studiendirektor
Max-Planck-Gymnasium München