Aufsatz zur "Charta von La Valetta" «zurück» 123456 «weiter»

4. Inventar des Erbes (Art. 2 Nr. 1)

Jede Vertragspartei verpflichtet sich nach Art. 2 ein Rechtssystem zum Schutz des archäologischen Erbes einzuführen und dabei die dort unter 3 Nummern aufgeführten Kriterien zu beachten. Sie führt nach Art. 2 Nr. 1 ein Inventar ihres archäologischen Erbes und bezeichnet geschützte Denkmäler und geschützte Gelände. Somit werden erste Bedingungen genannt, die die Rechtssysteme der Vertragsstaaten haben sollten. Diese werden in Bayern durch das Denkmalschutzgesetz von 1973 mit dem denkmalrechtlichen Schutz für Bodendenkmäler (Art. 1 Abs. 4) und der Eintragung in die Denkmalliste (Art. 2) erfüllt. Da der Gegenstand mit der Erfassung auch bekannt ist, kann auch z. B. bei Diebstahl seine Beschreibung zur besseren Wiedererlangung weitergegeben werden, so dass die Regelung dem Substanzschutz und dem Schutz vor unerlaubter Verbringung dient.

Außerdem ist es in Deutschland schon immer Aufgabe des Landesamtes für Denkmalpflege (Bodendenkmalpflege, Landesarchäologen, Denkmalfachbehörden und Museen), die beweglichen Bodendenkmäler zu erfassen (Art. 12 Abs. 2 Nr. 3 BayDSchG) bzw. Kulturdenkmäler systematisch aufzunehmen und wissenschaftlich auszuwerten (§ 25 Abs. 1 Nr. 6 DSchPflG RP). Allerdings kann es in Bayern durch die Aufteilung in Denkmälergruppen wie Baudenkmäler, Bodendenkmäler und bewegliche Denkmäler Abgrenzungs- und Vollzugsprobleme geben, zumal die Schutzbestimmungen des Gesetzes nach Art. 3 Abs. 1 BayDSchG für Baudenkmäler, für Bodendenkmäler und nur für die eingetragenen beweglichen Denkmäler gelten.

Die vom Fundort weggenommenen Bodendenkmäler werden zumindest ab der Wegnahme zu beweglichen Denkmälern, für die viele Schutzbestimmungen des Denkmalschutzgesetzes nur noch gelten, wenn sie in die Liste der beweglichen Denkmäler eingetragen sind [34]. Schließlich geht durch die Zugehörigkeit einer Sache zu den Bodendenkmälern ihre Eigenschaft als bewegliches Denkmal nicht verloren mit der Folge, dass diese Gegenstände den Schutz des Gesetzes nur genießen, wenn sie eingetragen sind [35]. Dies ist wegen der Zunahme illegaler Grabungen (Raubgrabungen) zu wenig.

Kaum hatte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege die in einem Inventar aufgelisteten Funde aus einem merowinger-zeitlichen Reihengräberfeld in die Liste der beweglichen Denkmäler durch Verwaltungsakt aufgenommen, führte dies zum Rechtsstreit [36]. Da dies bisher wohl der erste Rechtsstreit dieser Art in Bayern ist, zeigt, dass der Gesetzesvollzug seit 1973 noch Wünsche offen lässt.

5. Grabungsschutzgebiete (Art. 2 Abs. 2)

Nach Art. 2 Abs. 2 schafft die Vertragspartei, d.h. nach der Kompetenzordnung in Deutschland (Art. 30, 70 GG) das jeweilige Land, "archäologische Schutzzonen auch dort, wo auf der Erdoberfläche oder unter Wasser keine Überreste sichtbar sind, um die von künftigen Generationen zu untersuchenden Zeugnisse der Vergangenheit zu erhalten". So können in Bayern nach Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG die Bezirke durch Verordnung bestimmte Grundstücke, in oder auf denen Bodendenkmäler zu vermuten sind, zu Grabungsschutzgebieten erklären. Ob diese Schutzausweisungen dem Schutzauftrag von Malta genügen, wird derzeit bezweifelt [37]. Damit geht es auch um auf Dauer angelegte Reservate, wie sie z. B. in Sachsen in § 23 SächsDSchG [38] vorgesehen sind.

Die Ausweisung eines Grabungsschutzgebietes ist nach dem Übereinkommen von Malta ein eigenes Rechtsinstitut und nicht eine Vorstufe zur Eintragung in die Denkmalliste. Deshalb gibt es in Bayern auch ein eigens dafür ausgestaltetes Schutzverfahren.

Art. 2 Nr. 2 des Übereinkommens von Malta ist zusammen mit Art. 4 zu sehen, der sich mit der Pflicht zum physischen Schutz befasst. Die Schaffung von dauerhaften Schutzzonen bedeutet jedoch nicht, dass das Land überhaupt nicht mehr genutzt werden kann. Somit sind solche Regelungen durchaus mit anderen Schutzgebietsanordnungen wie Wasserschutzgebiete nach § 19 Wasserhaushaltsgesetz vergleichbar.

6. Meldepflicht von Funden (Art. 2 Abs. 3)

Nach Art. 2 Abs. 3 müssen die Vertragsstaaten den Entdecker eines zufälligen Fundes von Elementen des archäologischen Erbes verpflichten, den Fund den zuständigen Behörden zu melden und den Fund zu Untersuchungszwecken zur Verfügung zu stellen. Dadurch kann der Fund in das bereits erwähnte Inventar aufgenommen werden.

Das rechtmäßige Eigentum am Fund bleibt davon unberührt. Dies wurde bereits im vorangegangenen Übereinkommen zum Schutz archäologischen Kulturguts vom 8. Mai 1969 in Art. 8 klargestellt. Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz beschloss hierzu am 4. November 1974 in Alsfeld "Anforderungen, die an ein Denkmalschutzgesetz und seinen Vollzug zu stellen sind".

Teil C der Vorschläge betrifft "Vorschriften, die der Erfassung und Bergung von Kulturdenkmälern dienen". Dazu gehört unter C I. 5. das "Schatzregal des Landes bei Entdeckung von Schatzfunden oder herrenlosen beweglichen Bodendenkmälern, wenn sie bei staatlichen Grabungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt werden oder einen besonderen wissenschaftlichen Wert besitzen".

Die Kultusministerkonferenz hatte diese Regelung 1976 [39] zum Anlass genommen, den Ländern die Prüfung zu empfehlen, ob ein Schatzregal [40] landesrechtlich zu schaffen ist (vgl. § 23 DSchG BW). Damit Raubgräber nicht auch heute noch in wenigen Bundesländern (Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen) mit dem Entdeckeranteil am Schatzfund nach § 984 BGB für ihre Straftat belohnt werden, sollten diese Länder weiterhin prüfen, ob nicht zur Eindämmung der illegalen Archäologie auch dort das Schatzregal eingeführt werden sollte [41]. Schließlich kennen auch andere europäische Länder wie die Schweiz (Art. 724 ZGB) [42] einen Staatsvorbehalt an archäologischen Funden. In Griechenland wurden bereits unter König Otto nach Art. 61 des Denkmalschutzgesetzes von 1834 [43] alle in Griechenland gefundenen Antiquitäten als von hellenistischen Vorfahren herkommend als gemeinsames Nationalgut aller Hellenen betrachtet.

Notfalls sollte in Deutschland die Schatzfundregelung des § 984 BGB durch einen Absatz 2 so ergänzt werden [44], dass derjenige, der ungenehmigt oder mit unerlaubten Methoden nach Schätzen sucht, nicht den Finderanteil am Fund erhält, sondern das Land [45]. Dies wäre zugleich ein Beitrag zur Bekämpfung der illegalen Archäologie. Aus diesem Grunde hat das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz auf seiner Jahressitzung 2005 in Bremen den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im Bundesrecht beschlossen, der eine Änderung des § 984 BGB vorschlägt. In diese Richtung geht auch ein Schreiben der Sprecherinnen und Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien vom 27. Januar 2007 an den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) [46].

7. Bewilligungspflicht (Art. 3)

Art. 3 hat drei Schutzanliegen zur Bewahrung des archäologischen Erbes und dessen wissenschaftlicher Bedeutung durch Genehmigungs" und Überwachungsmaßnahmen.

Art. 3 Abs. 1 verlangt von den Vertragsstaaten, dass sie die Durchführung archäologischer Tätigkeiten regeln, d.h. dass diejenigen, die solche Arbeiten durchführen, einem Verfahren zur Genehmigung und Überwachung unterliegen und dass solche Ausgrabungen in wissenschaftlicher Weise vorgenommen werden. Hierbei sollen soweit möglich zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden angewandt werden, wobei auch dieser Artikel zusammen mit Art. 4 zu lesen ist.

Im Vordergrund steht die Sorge um die unsachgemäße Ausgrabung, was bereits in der Präambel zum Ausdruck kommt. Hierbei richtet sich die Regelung zunächst gegen die illegale Archäologie, so dass nach Buchst. a) jede unerlaubte Ausgrabung oder Beseitigung von Elementen des archäologischen Erbes verhindert wird.

Die Bewilligungspflicht von archäologischen Tätigkeiten soll somit mithelfen, unerlaubte Grabungen zu verhindern. Ausgrabungen, die nur dem Zweck dienen, wertvolle Metalle oder Gegenstände mit einem hohen Marktwert zu finden, sollen niemals zugelassen werden [47].

Nach Art. 3 Abs. 2 ist weiterhin sicherzustellen, dass Ausgrabungen und andere möglicherweise zerstörende technische Verfahren nur von fachlich geeigneten, besonders ermächtigten Personen durchgeführt werden. Deshalb ist diese Aufgabe nach Art. 12 Abs. 2 BayDSchG dem Landesamt für Denkmalpflege zugewiesen.

Nach Art. 3 Abs. 3 verpflichtet sich jede Vertragspartei, den Einsatz vom Metalldetektoren und anderen Suchgeräten oder von Verfahren für archäologische Forschungsarbeiten von einer vorherigen Sondergenehmigung abhängig zu machen, soweit das innerstaatliche Recht dies vorsieht. Diese vorherige Sondergenehmigung ist, soweit ersichtlich, in einigen Ländern noch nicht umgesetzt.

So sind in Bayern nach Art. 7 BayDSchG zwar Erdarbeiten erlaubnispflichtig, nicht aber die Verwendung von Metallsonden, um ohne Eingriff in den Boden Bodendenkmäler aus Metall zu orten [48]. Ob im Einzelfall die Sicherheitsbehörden nach Art. 23 BayDSchG einschreiten müssen, um rechtswidrige Taten zu verhüten oder zu unterbinden, die den Tatbestand eines Strafgesetzes (hier §§ 303, 304 StGB) verwirklichen [49], kann von außen nur schwer beurteilt werden.

Da die unter der Erde befindlichen und damit verborgenen Bodendenkmäler nach der Praxis in anderen Ländern von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten meist nicht als „öffentliche Denkmäler“ im Sinne des § 304 Abs. 1 StGB angesehen werden, dürfte ein wirksamer Schutz in Bayern in der Praxis graue Theorie bleiben.

So hat in Nordrhein-Westfalen das Amtsgericht Jülich 2007 [50] die Eröffnung des Hauptverfahrens bei der Zerstörung eines ortsfesten Bodendenkmals aus der Zeit des Neolithikums von außerordentlich hoher wissenschaftlicher Bedeutung abgelehnt, obwohl es nach § 4 DSchG NW vorläufig eingetragen und damit durch Verwaltungsakt geschützt war.

Auch wenn es in Bayern wegen der deklaratorischen Bedeutung der Eintragung nicht auf die Eintragung in die Denkmalliste bei der Anwendung des § 304 StGB ankommen mag, dürfte wegen des Erfordernisses des Merkmals "öffentlich" der Schutz verborgener Bodendenkmäler nach § 304 StGB nicht greifen [51]. Außerdem wird nun in einer Darstellung der Probleme bei der Anwendung des Denkmalschutzgesetzes behauptet, dass nicht in die Denkmalliste eingetragene bewegliche Denkmäler grundsätzlich nicht dem § 304 StGB unterfallen [52].

Da in Bayern bisher eine Genehmigungspflicht von Geländebegehungen mit Metallsonden und vergleichbaren Suchgeräten nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist, besteht Handlungsbedarf.

Schließlich darf der Schutz der Bodendenkmäler nicht erst beim graben beginnen [53]. Daher stellt sich die Frage, ob man zur Klarstellung z. B. wie in Rheinland-Pfalz [54], wo es das vergleichbare Rechtsproblem gab, nicht einfach zusätzlich zur Rechtsklarheit "Geländebegehungen mit Schatzsuchgeräten" (§ 21 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG RP) [55] hinzufügt, so dass auch derjenige, der behauptet, nicht nach Bodendenkmälern zu forschen, einer vorherigen Genehmigung bedarf.

Dies erscheint auch unter Berücksichtigung der Europarats- Empfehlung 921 (1981) über Metalldetektoren und Archäologie vom 1. Juli 1981 notwendig, auf die das Übereinkommen von Malta in der Präambel ausdrücklich Bezug nimmt. Schon damals wurde unter 14, ii) die Lizenzierung oder Registrierung von Verwendern von Metalldetektoren bei der Erkundung von Fundstätten als notwendig erachtet.


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