"Das weiße Gold der Kelten"

Exkursion vom 29. Sep. bis 02. Okt. 2012 nach Oberösterreich

Zu den Bildern

Bei dieser Überschrift war es kein Wunder, dass sich schnell die Anmeldeliste füllte und dann alle Teilnehmer erwartungsfroh den Bus in München bestiegen. Prof. Bernd Päffgen hatte, in enger Zusammenarbeit mit Frau Christiana Later, eine höchst interessante Exkursionsroute ins Salzkammergut vorbereitet.

Zunächst aber ging es mit dem bereits exkursionsbewährten Busfahrer der Fa. Storz nach Linz. Hier im Landesmuseum Oberösterreich (Schlossmuseum Linz) hieß uns Frau Dr. Jutta Leskovar willkommen und führte durch die prähistorische Dauerausstellung in den Untergeschoß-Gewölben. Zu sehen gab es u.a. viele Originale der dann in den nächsten Tagen zu besichtigenden Fundplätze. Besonders herausragend fand ich die Beschlagteile eines keltischen Prunkwagens aus einem Grab in Mitterkirchen.

Wieder im Tageslicht angelangt, genossen wir die wunderschöne Aussicht über die Donauschleife und die Dächer von Linz aus dem modernen, vollverglasten Restaurant des Schlossmuseums. Mit herzlichem Dank an Frau Leskovar verabschiedeten wir uns und fuhren zum Freilichtmuseum der Keltenzeit in Mitterkirchen (Urgeschichtliches Machlandmuseum Mitterkirchen). Hier wurde seit 1990 eine große Dorfanlage in alter Handwerkstechnik rekonstruierend aufgebaut. Die Pfostenhäuser wurden demonstrierend mit verschiedenen Wandfüllungen errichtet, um neben Hausgröße z.B. auch andere Aspekte der Vielfältigkeit aufzuzeigen (Herrenhaus z.B. als Winkelbaukörper). Über der ganzen Anlage steht der Wunsch an aktivem Tun, um dadurch mehr Verständnis für die Keltenzeit zu vermitteln. In verschiedenen Werkstätten können entsprechende Projekte z.B. mit Schulklassen durchgeführt werden. So gibt es immer wieder Kurse z.B. zur Keramik- oder Schmuckherstellung, Bogenbau, Holz- oder Flechtarbeiten, Weben, experimentelle Eisengewinnung u. a. m. Um diesen Ansatz weiter zu verfolgen, haben zwei Familien mit Kindern in den Sommermonaten im Museumsdorf gewohnt und auch die dort befindlichen Tiere versorgt (aktuell: Ziegen).

Einer der baulichen Höhepunkte ist der begehbare Grabhügel mit seiner Grabkammer (16 m²). Als Besucher sieht man dort neben den erwarteten Grabbeigaben (Topf- und Schüsselsätze), u.a. auch die Rekonstruktion des Prunkwagens, an dem Kopien der in Linz gesehenen Beschlagteile montiert sind. Andere Rekonstruktionen, wie Mobiliar in verschiedenen Häusern oder ein immens großer Einbaum begeistern nicht nur Laien. Zusammengefasst: das Museumsdorf ist sehr besuchenswert.

Zurück in Linz verbrachten wir, nach dem Bezug der Zimmer in einem Hotel am Hauptplatz, den Abend mit dem gemeinsamen ‚Brat’lessen‘ in einem gemütlichen Kellerrestaurant.

Am nächsten Morgen ging es bei Sonnenschein weiter ins Salzkammergut. Vorbei an Gmunden war die nächste Station Traunkirchen am Traunsee. Hier hatte sich die Sonne bereits hinter Wolken versteckt, was aber uns natürlich nicht hinderte, die Spur des vorzeitlichen Salztransports aufzunehmen. Da die Uferstraßen früher über die Breite von Saumpfaden nie hinausgekommen sind, wurde der Salztransport von Hallstatt in Richtung Norden (Donau) über die Seen vorgenommen. Eine Tagesreise war Traunkirchen vom Hallstätter See entfernt, so dass hier vorgeschichtliche Spuren zu erwarten waren und auch gefunden wurden. Zu großen Teilen sind die infrage kommenden Areale aber noch nicht genau untersucht worden – Lesefunde und Ergebnisse von Suchschnitten liegen vor. Frau Later konnte uns die hallstattzeitliche Situation sehr gut darlegen, während ihr Mann uns die Entwicklung seit dem Mittelalter bis hin zur Neuzeit aufzeigte und die Besichtigung der Kirche und ihrer barocken Ausstattung empfahl (ehemalige Klosterkirche, jetzt Pfarrkirche St. Maria; sehenswert: ‚Fischerkanzel‘).

Die Weiterfahrt über Bad Ischl und Bad Goisern bescherte uns leider nicht die erwarteten Bergblicke – die Gipfel hüllten sich einfach in Wolken. Im malerischen Hallstatt angekommen, waren wir doch sehr überrascht von der Enge des Ortes (ebene bebaubare Flächen gab es zu keiner Zeit) und dem überaus regen Fußgängerverkehr. Da die Zufahrt für Besucher gesperrt ist, mussten wir uns mit unseren Koffern unter die optisch alles beherrschenden japanischen Touristen mischen, um die benannten Hotels zu erreichen. Viel Zeit zur Pause gab es nicht, denn bald schon war die Ortsführung angesagt. Die Führerin wusste sehr interessant über den See, den Ort und die Bewohner zu berichten und wir haben natürlich auch die besonderen Sehenswürdigkeiten besichtigt (u.a. kath. Kirche, Beinhaus). Insbesondere das Kellergeschoss vom Sporthaus ‚Janu‘ entpuppte sich für Archäologen als besonders ergiebig. Bedingt durch den felsigen Untergrund und den hohen Grundwasserstand (Seehöhe) haben die Häuser dort eigentlich keine Keller. Der Versuch, dennoch einen Heizkeller anzulegen, förderte umfangreiche Hinterlassenschaften aus allen Epochen zu Tage, so dass inzwischen das ganze Haus auf Stützen über diversen Befunden steht und zu Geschäftszeiten besichtigt werden kann. Sogar Mauerreste eines römischen Badehauses wurden gefunden und sind ‚in situ‘ zu sehen.

Nach der Führung ging‘s zur nächsten Führung: diesmal durch das Museum Hallstatt, natürlich mit vielen Fundstücken aus der Hallstattzeit. Frau Later wies kompetent auf die besonderen Exponate hin und stellte Bezüge zu vergleichbaren Fundstücken anderer Museen, z.B. in Hallein, her.

Nach so viel geballter Information konnten die Gruppenmitglieder sich am Abend entspannt den eigenen Vorlieben hingeben. Dass der Zusammenhalt auch ohne Absprache funktionierte, zeigte die Abendessenrunde im Bräugasthof Lobisser, wo man sich zwanglos traf. Der Vollmond begleitete dann die ‚auswärtigen‘ Hotelgäste auf ihrem Heimweg und ließ auf einen sonnigen neuen Tag hoffen.

Dem war aber nicht so, denn am nächsten Morgen fuhren wir mit der Standseilbahn ins Hallstätter Hochtal und landeten direkt in den Wolken. Wenn auch die Fernsicht fehlte, so gelang es unserem überragend guten Führer, Herrn Mag. Hans Reschreiter (Naturhistorisches Museum Wien), sehr anschaulich sowohl topographische Besonderheiten des alpinen Salzstocks als auch die Situation des Salzbergbaus in der Bronzezeit und Hallstattzeit, aber auch die Förderung seit dem Mittelalter, darzulegen.

Im Hallstätter Hochtal (bis 1960 relativ unzugängliches Areal) befindet sich sowohl das Salzbergwerk als auch das prähistorische Gräberfeld. Der prähistorische Siedlungsplatz konnte wohl wegen eines Felssturzes noch nicht lokalisiert werden. Der Lehrpfad glänzt mit Kunst-Stelen, Schautafeln und. einer Demonstrations-Grablege (Skelette, diverse Grabbeigaben). Als Besonderheit wurde die archäologisch nachgewiesene bronzezeitliche Fleischproduktion in großen Pökelwannen (Surbecken) herausgestellt, in der immer nur die besten Teile eines Schweines haltbar gemacht wurden. D.h. die Fülle der immer gleichen Knochenfunde führt zu der Aussage, dass hier im großen Stil über den Bedarf der Bergleute hinausgehend für einen verzweigten Absatzmarkt produziert wurde. Wie überhaupt alle Teilaspekte der Salzgewinnung, Veredelung, des Transportes und Vertriebes den Schluss nahelegen, dass besondere Machtstrukturen bzw. Verfügungsgewalt über Produktionsmittel seinerzeit schon bestanden haben müssen.

Im Bereich der experimentellen Archäologie war Gelegenheit gegeben, sich selbst z.B. mit einem Steinbeil oder auch einem Bronzebeil an einem grünen Buchenstamm zu versuchen (Forschungszentrum ‚Alte Schmiede‘). Daneben wurden auch die Schwierigkeiten z.B. bei der Salzsiedung angesprochen.

Nach dem Mittagessen (Rudolfsturm) ging es dann ins Bergwerk – archäologische Abteilung (i.d.R. kein Publikumsverkehr). Ausgestattet mit Schutzkleidung, Helm und Lampe folgten wir Herrn Reschreiter zuerst zu einem Abbauort für Steinsalz, wo die Archäologen versuchen, u.a. mit rekonstruierten Bronzepickeln (Gezähe) das Salz aus der Wand zu brechen. Dass dies nicht so einfach ist, konnte jeder Teilnehmer selbst ausprobieren. Obwohl wir bei moderner Beleuchtung agierten, hat sich für uns nicht die logische Handhabung der für Hallstatt besonderen Pickelform erschlossen. Weder konnten wir in dem spitzen Winkel zwischen Haue und Stiel noch der Stiellänge (ca. 1,00 m) einen wirklichen Vorteil erkennen. Selbst die so simpel erscheinenden Leuchtspäne (Tanne, ca. 1,00 m lang) lassen sich nicht einfach entzünden, weil kein Harz eingelagert ist (im Gegensatz zum Kienspan). Als für uns überzeugend stellte sich der Tragesack dar, der vom Träger nur mit einem Gurt am Körper befestigt spielend leicht ausgeleert werden kann, wenn der obere Rand mittels lockerem Haltestab mit einer Hand gehalten und am Bestimmungsort zur Seite geschwenkt wird (bei 30 kg Salzgesteinfüllung!).

In Kleingruppen wurden wir dann in die Enge der aktuellen archäologischen Ausgrabung geführt, wo die völlig verfüllten Stollen und Schächte angeschnitten werden und alle Hinterlassenschaften des antiken Bergbaus (salz-) konserviert zu sehen sind. Neben Werkzeug, Kleidungs- und Ausrüstungsgegenständen bzw. Teilen davon, Millionen von Leuchtspanresten, oder auch menschlichen Exkrementen (!) wurde auch eine bronzezeitliche Schachttreppe gefunden, die in ihrer genialen Konstruktion alle Fachleuchte verblüfft. Da sich der Berg ständig bewegt und die Tendenz hat, alle Freiräume wieder zu schließen, wird man die Treppe nicht vor Ort belassen, sondern sie an anderer geeigneter Stelle weiterhin unter Tage archivieren. Durch Herrn Reschreiters beeindruckend lebhaften Vortrag verging die Zeit wie im Fluge und wir mussten uns sputen, die letzte Bahn ins Tal zu erreichen.

Am Abend schlemmten wir im Gasthaus Zauner nach Salzfürstenart. Vermutlich haben einige Teilnehmer deshalb am nächsten Morgen auf ein Frühstück verzichtet. Auf jeden Fall hat sich die Gruppe sehr diszipliniert und pünktlich wieder beim Bus eingefunden und wir konnten die Fahrt zum Konkurrenzbergbaugebiet der Hallstatt- und Latènezeit, nämlich zum Dürrnberg bei Hallein, antreten. Das Salzkammergut blieb hinter uns in Wolken zurück und im Salzburger Land trafen uns endlich wieder Sonnenstrahlen.

In Hallein erwarteten uns im Keltenmuseum die Ausstellungen des prähistorischen Bergbaus und des Fürsterzbischöflichen Bergbaus. Frau Later führte in bewährt professioneller Weise und wir konnten uns ausgiebig dem Prunkstück, der Schnabelkanne, widmen. Nach dem Zusammenschluss mit dem ‚Salzburg Museum‘ kann in Hallein endlich wieder das Original besichtigt werden. Natürlich gibt es jede Menge weiterer herausragender Exponate, warum sich auf jeden Fall ein Besuch dieser neu geordneten Dauerausstellungen lohnt.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen ging‘s dann mit unserem großen Bus auf den Dürrnberg. Wieder kannte sich Frau Later bestens aus. Interessant ist es immer wieder, sich die Fundplätze in der Topografie anzusehen und den Blick in die Landschaft zu genießen, wie ihn auch die Vorfahren hatten. Für Touristen besonders sehenswert ist dort die kleine Rekonstruktion einer keltische Dorfanlage (Keltendorf Bad Dürrnberg). Pfosten- und Blockbauten in verschiedenen Ausformungen und Inneneinrichtungen zeigen Einblicke in einen Lebensalltag, wie er wohl gewesen sein mag. Frau Later konnte auch hier wieder auf die Dinge hinweisen, die als gesicherte Erkenntnisse gelten dürfen. Das Ensemble war bereits vor etlichen Jahren errichtet worden. Nach einer Umsetzung wird es auf dem jetzigen Standort präsentiert.

Dass unsere Reise unkompliziert war, ist manchem Teilnehmer wohl erst klargeworden, als wir in München am Bahnhof wieder in den Wiesentrubel eintauchten. Wie gut, dass wir unseren Dank an Prof. Päffgen und Frau Later für die detaillierte Vorbereitung und gekonnte Ausführung der Exkursion bereits beim Abschiedsabend in Hallstatt ausgesprochen hatten.

Wolfgang Westphal

Herzlichen Dank für Text und Bilder an Wolfgang Westphal

Linz Schlossmuseum Linz Schlossmuseum
Linz Schloßmuseum
Mitterkirchen Mitterkirchen
Mitterkirchen
Hallstatt Ort Hallstatt Salzbergwek
Hallstatt Ort Hallststatt Salzbergwerk
Hallstatt Salzbergwerk Hallstatt Salzbergwerk
Hallstatt Salzbergwerk
Hallstatt Museum Hallstatt Haus Janu
Hallstatt Museum Hallstatt Haus Janu
Hallein Keltendorf Dürrnberg Hallein Keltendorf Dürrnberg
Hallein Keltendorf Dürrnberg
Traunkirchen
Traunkirchen